Die Aufnahmen zeigen einen Luftangriff auf eine Menschengruppe in Bagdad am 12. Juli 2007. Ein Helikopter schwebt über einem Platz, der von einer kleinen Menschengruppe überquert wird. Die amerikanischen Soldaten meinen, bewaffnete Aufständische zu sehen, bewaffnet mit AK47s und einer Bazooka. Einer meldet Schüsse. Die Helikopter-Besatzung fordert eine Einsatzerlaubnis an. „Request permission to engage“, heißt das in der militärischen Ausdrucksweise. Dann wird das Feuer eröffnet.
Einige Zeit später erscheint ein Minibus, dessen Insassen einen Verletzten aufsammeln, vermutlich Noor-Eldins Assistenten Said Chmagh. „Come on, let us shoot“, fordert einer der Soldaten ungeduldig von der Kommandatur, obwohl keine Bewaffneten in Sicht sind. Daraufhin wird der Bus ebenfalls beschossen.
Schließlich tauchen amerikanische Panzer auf. Als sie über einen am Boden liegenden Körper zu fahren scheinen, kommentieren die Soldaten im Helikopter das mit einem lapidaren Lachen. „Really? – Yeah“. Nachdem zwei Kinder aus dem Bus evakuiert wurden, schieben sie die Schuld an deren Verletzung auf die Iraker: „Well it’s their fault for bringing kids in to a battle.“
Insgesamt starben bei dem Vorfall vor zwei Jahren mindestens elf Personen. Die beiden Kinder, die sich in dem zu Hilfe eilenden Minibus befanden, wurden verletzt. Warum die Gruppe beschossen wurde, ist nicht klar. Das amerikanische Militär behauptet, sich an die Regeln für den Einsatz („rules of engagement“) gehalten zu haben. Es gab zuerst an, alle Getöteten seien Aufständische gewesen, später hieß es, die Soldaten hatten auf Schüsse reagiert.
Das Video enthält vieles von dem, was modernen Krieg ausmacht. So zeigt es das zutiefst asymmetrische Verhältnis zwischen den Piloten und Personen am Boden. Aber am eindrucksvollsten ist es als Abbild der moralischen Deformation der Soldaten. Oder, wie Assange es nennt, ihrer „Entwürdigung“.
Die Kommentare der Helikopter-Besatzung könnten genauso gut von CounterStrike spielenden Jugendlicher kommen. Es scheint, als sei der Krieg für sie wie ein Videospiel, bei dem es darum geht, durch das Abschießen von Gegnern eine möglichst hohe Punktzahl zu erreichen. Sie freuen sich über gelungene Schüsse – „nice. good shoot’n. – thank you“ – und wirken geradezu ungeduldig, wenn sie auf den Befehl zum Töten warten.
Eingeschworen darauf, dass es sich bei den Menschen dort unten um ihre Feinde handelt, schweben sie über dem Geschehen. Wen sie beschießen, sehen sie nur auf einem Bildschirm. Gesichter kann man darauf nicht erkennen, die Personen am Boden sind aus dieser Perspektive genauso virtuell und anonym wie gegnerische Avatare in einem Videospiel. Dabei bleibt es unverzeihlich, aber natürlich gewollt, dass diese jungen Amerikaner ihre Situation nicht durchschauen, sondern genau so annehmen.
In einer Szene kriecht eine getroffene Person verwundet über den Boden, vermutlich ist es Said Chmagh. Die Soldaten feuern ihn an, endlich eine Waffe zu nehmen. Warum? Weil sie ihn dann erschießen dürfen, das sagen die „rules of engagement“. Töten als Teil eines Spiels – mit einfachen Regeln und scharfen Waffen.
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